Förderschultag 2023 in Würzburg: Die Organisatoren Matthias Krämer, Vorsitzender des Bezirksverbandes Sonderpädagogik vds, Michael Schneider, Leiter der Dr.-Karl-Kroiß-Schule, und Thomas Beschorner, Leiter der Fachgruppe Förderschulen im ULLV, mit dem Referenten Prof. Dr. Thomas Müller von der Universität Würzburg (von rechts).
Prof. Dr. Thomas Müller sprach zum Thema: „Kinder und Schule in Bedrängnis. Von der Belastung zur Beziehung.“
Voll besetzte Reihen in der Dr.-Karl-Kroiß-Schule in Würzburg, unter den Zuhörern war auch ULLV-Vorsitzender Helmut Schmid (rechts).
Felix Behl, Webmaster

Bericht vom Förderschultag 2023 in Würzburg

Niemand, zumindest niemand unter den rund 200 Gästen des Dritten Fränkischen Förderschultags. Die Lehrerinnen und Lehrer vor allem aus Förderschulen, aber auch aus Grund- und Mittelschulen waren am Samstag aus ganz Unterfranken nach Würzburg gekommen um etwas „vom gelingenden Umgang mit Schülerinnen und Schülern mit auffälligem Verhalten“ zu erfahren, so der Untertitel der Veranstaltung.

Begrüßt wurden sie von Thomas Beschorner, dem Leiter der Fachgruppe Förderschulen im ULLV, von Matthias Krämer, dem Vorsitzenden des Bezirksverbandes Sonderpädagogik vds, und vom Hausherrn Michael Schneider, dem Leiter der Dr.-Karl-Kroiß-Schule, dem Förderzentrum Hören. Gemeinsam hatten sie diese Fortbildung organisiert.

Als Referenten verpflichteten sie Prof. Dr. Thomas Müller. Er arbeitet an der Universität Würzburg am Lehrstuhl für Sonderpädagogik V (Pädagogik für Verhaltensstörungen). Sein Thema: „Kinder und Schule in Bedrängnis. Von der Belastung zur Beziehung.“

Schulen, so Müllers Ausgangsthese, seien in Bedrängnis geraten durch die große Zahl an belasteten und infolge dessen auffälligen Kindern und Jugendlichen. Als Gründe dafür nannte er die Corona-Pandemie, die vielerorts Erziehungs- und Bildungsarbeit unterbrochen und die Weltbeziehung der Gesellschaft gestört habe.

Als weiteren Grund nannte Müller wachsende Armut und soziale Benachteiligung. Die Folgen für Schulkinder seien Ohnmachtserlebnisse, Entwürdigungen und Ausschlüsse. Bedrängt vom Verlust der Heimat ihrer Kindheit ihrer Freunde und belastet von Trauer und von Angst vor neuen Lebenssituationen seien Kinder und Jugendliche, die fliehen mussten aus der Ukraine, aber auch aus Afghanistan, Syrien, Myanmar, Iran und anderen Ländern.

Aber auch Schule selbst sei Auslöser für Bedrängnis. Als Schüler seien Kinder gezwungen Leistungsnormen anzunehmen und sich Wert- und Regelsystemen zu unterwerfen. Das gelinge nicht allen gleich gut. Schulisches Scheitern führe immer wieder dazu, dass sich Jugendliche vom System Schule distanzieren. Ihnen falle es schwer Vertrauen zu Lehrkräften und Erziehern aufzubauen, zu oft sei dieses verletzt worden.

Müller plädierte daher dafür, an einem auf Verlässlichkeit setzenden Unterrichts- und Beziehungsgeschehen zu arbeiten. Es gelte, Schule als eine Institution erfahren zu können, die ‚anders gestimmt‘ ist: Kleine Gruppen, die individuelle Zugänge ermöglichen, mit Klassenlehrerprinzip; eine sachliche, nicht beschämende Sprache, die Entscheidungen transparent werden lässt; Raumprogramme, die dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche Schulräume als Begegnungsräume erfahren, in denen verlässliche und sozial-emotional bedeutsame Beziehungserfahrungen möglich werden.

„Wissen, Lernstoff und Leistungsfeststellungen haben ihre Berechtigung“, so Müller abschließend, „aber darüber darf nicht vergessen werden, dass all das nur lebendig wird, wenn Beziehungskultur und Bildung im Sinne des Werdens der einzelnen Person für sich und die Gemeinschaft kultiviert statt verwaltet werden“.

Nach Mittagspause und Besuch der Verlagsausstellung wählten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwei von insgesamt zwölf angebotenen Workshops. Thematisiert wurden unter anderem „mögliche psychosoziale Auswirkungen einer Hörbehinderung“, „Krankheitsbilder psychisch kranker Kinder“, „Positives Verhalten stärken – Lernprozesse im Grundschulunterricht“, „Classroom Management im inklusiven Unterricht“, „Philosophieren mit Kindern“, „Traumasensibler Umgang in der Schule“, „Klangschalen im (Schul-)Alltag“ und die „Neue Autorität“ in der Schule, ein Konzept nach Haim Omer.