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Gerhard Bless

Schule in Zeiten der Corona-Pandemie

Schutz aller an Schule Beteiligten muss oberste Priorität haben!

Die Corona-Pandemie hat uns alle in den letzten Monaten sehr gefordert. Die grundlegend veränderte Lehrer-Arbeitszeit in Heim- und Präsenzunterricht, mit immer neuen Innovationen und Regeln, mit Notbetreuung und Videokonferenzen, war eine gewaltige Kraftanstrengung für alle Beteiligten. Viel Flexibilität, Kommunikation und pragmatisches Handeln war erforderlich.

Nur in wenigen Einzelfällen musste die Fürsorgepflicht von Schulleitungen gegenüber den Lehrkräften angemahnt werden, weil ausschließlich die Sicherstellung des Unterrichtsangebotes und die elterlichen Forderungen nach Notbetreuung das Maß aller Dinge sein sollten. Besonders Teilzeitbeschäftigte waren davon betroffen.

Insgesamt betrachtet hat die Corona-Krise erhebliche Schwachstellen in unserem Bildungssystem aufgezeigt.

Deutlich wurde die gewaltige Rückständigkeit bei der Ausstattung der Schulen im digitalen Bereich. Vielfach standen weder schnelles Internet, WLAN noch Lernplattformen oder gar eine Schul-Cloud zur Verfügung. Die Kolleginnen und Kollegen mussten ihre privaten digitalen Endgeräte und Internet-Anschlüsse einsetzen, um mit den Schülerinnen und Schülern auf Distanz in Kontakt zu treten.

Schonungslos offengelegt wurde durch die Corona-Krise auch der Lehrermangel und völlig unzureichende hygienische Voraussetzungen an manchen Schulen. Uns Pädagogen machten zudem die nun noch mehr zu Tage tretenden Nöte der sozial-emotional benachteiligten Schülerinnen und Schüler zu schaffen.

Und wie soll es nun weitergehen? – Lehrerinnen und Lehrer, Schulleitungen und die Vorgesetzten in der Schulverwaltung müssen sich jetzt auf das kommende Schuljahr konzentrieren und Konzepte erarbeiten wie Schule unter den neuen Bedingungen funktionieren kann.

Spätestens seit die Kultusminister Mitte Juni erklärt haben, dass nach den Sommerferien wieder der Regelbetrieb an den Schulen aufgenommen werden soll, müssen bei uns die Alarmglocken schrillen. Eine Rückkehr zum Business as usual – das ist einfach, das kostet nichts, das mindert den massiven Druck von Seiten der Wirtschaft und der Eltern auf die Politik. Die Lehrerinnen und Lehrer vor Ort werden es schon wieder richten. Falls dann ein Corona-Hotspot entsteht, dann ist das halt ein zu verkraftender Kollateralschaden, dem regional begegnet wird. Die paar erkrankten Lehrkräfte und deren Folgeerkrankungen oder einige Todesfälle – das ist halt Berufsrisiko.

So geht das aber nicht! - Wir müssen jetzt unsere Interessen massiv vertreten! Es geht uns natürlich nach wie vor um das Wohlergehen der Kinder. Aber wir haben auch als Lehrkräfte ein Recht darauf, dass bei unserer Arbeit die Vorgaben des Arbeitsschutzes eingehalten werden und unsere Vorgesetzten unter Beachtung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn den Beschäftigten gegenüber handeln.

Für den ULLV steht deshalb insgesamt fest: Bei allen Überlegungen zur weiteren Öffnung der Schulen muss der Schutz aller an Schule Beteiligten oberste Priorität behalten.

Wer jetzt den Regelbetrieb der Schulen nach alter Machart fordert, hat auch nicht verstanden, welchen Prozess der Veränderung, der Innovation, des digitalen Aufbruchs diese Corona-Krise bereits hervorgerufen hat. Es gilt jetzt, die vielen positiven Erfahrungen mit Distanz-Lernen und kleineren Lerngruppen im Präsenzunterricht zu bündeln, Best-Practice-Lösungen zu kommunizieren und über Fortbildungen der Schulleitungen und Lehrkräfte an möglichst vielen anderen Schulen zu installieren. Die Aufbruchstimmung unter vielen Kolleginnen und Kollegen hin zu einem zeitgemäßen Unterricht unter Einsatz digitaler Möglichkeiten und mit dem Ziel des optimalen individuellen Lernens aller Kinder darf jetzt nicht wieder zerstört werden!

Grundsätzlich fordert der ULLV außerdem, dass alle Schülerinnen und Schüler sowie alle Lehrkräfte umgehend mit digitalen Endgeräten ausgestattet werden.

Insgesamt brauchen wir in den kommenden Jahren eine deutliche Priorität für nachhaltige Investitionen in Bildung – auf allen Ebenen der Bildungsfinanzierung. Der milliardenschwere Investitionsrückstand bei der Renovierung von Schulgebäuden und bei der Digitalisierung der Schulen muss jetzt sofort aufgearbeitet werden.

Gerhard Bleß, ULLV-Vorsitzender